Nur wenige Reiseziele sind so, das schon eine nüchterne Zahlenparade ausreicht, sie begehrenswert zu finden. Der Limfjord im dänischen Nordjütland gehört zu ihnen, kein Zweifel. Ein Wassersport- und Badegebiet, das von der Nordsee bis zum Kattegat reicht, 135 Kilometer lang und zwischen 200 Meter und 70 Kilometer breit; sieben bewohnte und 84 unbewohnte Inseln; nur 220 Kilometer nördlich der deutschdänischen Grenze; 281 (statistische) Sonnenstunden im Juni; Platz für jeden Besucher in Gasthöfen (Kro), Hotels, auf Campingplätzen, in ca. 100 Sommerhäusern, auf Bauernhöfen, in ca. 20 Gasthäfen für Segler und Motorbootfahrer; dutzendweise einsame Strände, oft sandig - aber auch steinig.

Das Land am Limfjord ist viel mehr als nur ein Rechenkästchen im Planbuch des Fremdenverkehrs. Es ist die Stimmung eines Sonnenuntergangs am Feggesund. Es ist das Kreischen der Möven und die Stille dänischer Provinz. Es ist das Flimmern des Sonnenlichts über einer der ungezählten kleinen Buchten. Es ist auch der Bummel durch die blitzsaubere Puppenstubenwelt der Städtchen Nibe oder Skive oder Thisted oder Struer und der Duft und Geschmack gebratenen Aals. Es ist das Land des Westwinds, der das Salz und die Weite des immer nahen Meeres herüberweht.

Am zünftigsten erobert man den Limfjord vom Wasser her als Segler, Hausbootfahrer oder Wasserwanderer. Doch hat der Limfjord seine Tücken und wer sich von der Lieblichkeit eines windarmen Sommertages zur Unbekümmertheit verführen läßt, kann leicht in gefährliche Situationen geraten.
Egal wie man sich fortbewegt, in Dänemark sollte man sich Zeit lassen, man würde sonst, zum Beispiel vor lauter Eifer, die ganze Insel Mors zu erobern, vielleicht am Sallingsunds Faergekro vorbeisausen - und hätte dann dessen weitgerühmte Muschelsuppe verpasst. Muscheln und Aale aber gehören nun einmal zu den kulinarischen Höhepunkten einer Limfjordreise.

Freunde gründlichen Reisens werden den Limfjord umrunden wollen. Bei dieser Gelegenheit entdecken sie zweimal, daß dieser Limfjord seinen Namen zu Unrecht trägt. Er ist kein Fjord, sondern ein Sund, der das ganze Land durchschneidet. Er beginnt (oder endet, wie man will) bei Hals am Kattegat.

Hinter Aalborg öffnet sich der Fjord, der keiner ist, wird bei Logstor noch einmal sehr, sehr eng, um danach seine größte Breite zu erreichen. Hier umschließt er die Inseln Mors, Fur, Livo, hier liegen die Buchten von Thisted, Struer und Skive. Gegen Westen gibt sich der Limfjord wilder und rauher, bis er bei Thyboron in die Nordsee mündet.

Sichtbare Zeugnisse der Vergangenheit gehören im Land um den Limfjord zum Alltag. Mors, durch Brücken mit dem Land verbunden, aber auch per Autofähre zu erreichen, ähnelt am ehesten einem garten Eden. Wer sich sein Dänemarkbild aus "Prima, prima", der fröhlichen Kuh Karoline und Hans Christian Andersen zusammengebastelt hat, wird es hier bestätigt finden.

Ersparen sollte man sich auf Mors auch nicht den Weg auf den 61 Meter hohen Hanklit. Die zum Limfjord steil abfallenden Felsen haben sich aus vulkanischen Schichten im Laufe von Jahrmillionen gebildet, die nun wie in einem Lehrbuch der Urgeschichte aufgeschlagen und ablesbar vor uns liegen.

Gegenüber der Insel Mors, zwischen dem mittelalterlichen Wasserschloß Spottrup und der Insel Fur, liegt der Fischerort Glyngore, hier kauft man Dänemarks billigsten Räucherlachs direkt vom Erzeuger. Wer jedoch für ganz kleine, ganz verträumte Inseln schwärmt, der darf Livo nicht übersehen. Es liegt dort, wo der Limfjord am breitesten ist. Von Ronbjerg Huse (ein paar Kilometer südlich von Logstor) sticht man mit einer alten Schute in See. 30 Passagiere haben jeweils Platz, zwanzig Minuten dauert die oft bewegte Überfahrt, Livo lädt in die Stille ein; nur zwei Autos gibt es auf der ganzen Insel; einsame Strände, die man gelegentlich mit ein paar sich sonnenden Seehunden teilt.

Am Limfjord können Bootsfahrer 25 Yachthäfen anlaufen, außerdem gibt es zahlreiche kleinere Anleger. Empfohlen werden die dänischen Seekarten 104, 105 und 106.

Karte Limfjord
September 2003